Ich schäme mich dafür! – Chronische Vernachlässigung des Frauenhauses vonseiten des Sozialstaates.

Lörrach. Am 14.07.2021 habe ich mit Laura Petralito das Autonome Frauenhaus in Lörrach besucht. Frau Carolin Throm (Dipl. Sozialpädagogin) und Frau Annette Perschke (Dipl. Sozialpädagogin) haben uns herzlich empfangen. Träger des autonomen Frauenhauses ist Frauen helfen Frauen e.V. Frau Peske erzählte uns, dass sich Baden-Württemberg durch die Istanbulkonvention dafür entschieden hat, sog. ,,Weiße Flecken“ zu schließen. Das bedeutet, dass Landkreise in Baden-Württemberg, die keine Frauenhäuser vorhalten, vorrangig in der Erhöhung der Platzzahlen in Baden-Württemberg berücksichtigt werden sollen. Im Landkreis Lörrach sind derzeit nur 14 Plätze zu finden. Laut dem Frauenhaus gibt es einen Bedarf von bis zu 60 Plätzen. Es sei zwar eine Platzzahlerweiterung von 14 auf 24 Plätze beschlossen, aber die Investitionskosten für ein dafür geeignetes Gebäude ist aktuell nicht refinanziert. In diesem Zusammenhang wurden auch Investitionsförderungen beantragt, jedoch ist der Antrag bereits zweimal gescheitert. Sehr traurig fand ich, als die Damen mir erzählt haben, dass oftmals immer erst die Formalien (Antragsgenehmigung) geklärt werden müssen, bevor die Frage ,,was können wir noch für dich tun“, gestellt werden kann. Auch Corona war ein wichtiges Thema im Gespräch. Das Frauenhaus musste eigenständig entscheiden, ob sie während des ersten Lockdowns Aufnahmen zulassen. Aus selbstverständlich, ethischen Gründen hat das Frauenhaus weiterhin Frauen aufgenommen. Gleichzeitig wurde auch erwähnt, dass während des Lockdowns die Gewalt gegenüber den Frauen gestiegen ist. Das sind Zustände, die einfach nicht duldbar sind. Frau Perschke ergänzt und korrigiert im Nachgang meines Besuchs noch folgenden Absatz: D ie Pädagoginnen sind nicht nur im Hintergrunddienst, sondern machen händeringend soziale Arbeit, mit Beratung und Krisenintervention. Händeringend deswegen, da der Verwaltungsaufwand für eine Frau die im Frauenhaus Zuflucht vor Gewalt sucht, immer höher wird. Und natürlich brauchen die Frauen auch für das Ausfüllen von Anträgen Unterstützung, aber der vorrangiger Wunsch wäre es selbstredend Zeit für psychosoziale Beratung, Stabilisierung und Krisenintervention zu haben und nicht mit bürokratischen Vorgängen beschäftigt zu sein. Das Autonome Frauenhaus nimmt sich die Zeit, um zuzuhören und Raum zu geben, das Erlebte zu benennen. Sie sind immer stärker mit bürokratischen Aufgaben befasst, da auch die Anforderungen an die Frauen, die dort Zuflucht suchen, immer immer höher werden. Der Bereich muss zwingend durch eine gute Leistungsebene professionalisiert werden. Die Frauenhäuser müssen befähigt werden durch präventive pädagogische und psychologische Arbeit, nachhaltig den Frauen die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Ein schlichter Hintergrunddienst reicht da nicht. Ich habe versprochen, dass ich mich für eine neue Finanzierungsstruktur einsetzen werde, auch lokal. Eine gute Gesetzesgrundlage für Leistungs- und Vergütungsvereinbarungen kann die Lösung sein. Es sind Tagessätze erwähnt worden, die Jenseits von Gut und Böse sind.